English synopsis. The Beggar's Diary, 27.07.07. - After opening his outstanding theatre performance with Hamlet’s famous soliloquy, Filch continued with the following words:
"Ladies and gentlemen, until yesterday I probably was the only subculture here in Muenster. But, as of today, I am mainstream …"
And with a smile on his face he showed the newspaper clipping in which the press informed the citizens of North-Westphalia about his existence and his troubles with the law (see http://beta.thebeggarsopera.org/node/86).
What prophetic words!! Since the piece came out, Filch has not been able to walk the streets without being recognized, photographed, pointed at, spoken with. He is now the observed and not the observer, reduced indeed to being one more point to cross on the SPM07 map. Mainstream! Mainstream! What a sad destiny!
How to go underground again?
This is his fight now. The reviews of his performance on Wednesday at the Metropolis Theatre which appeared today in two regional newspapers are not really helping.
Bettlertagebuch 27.07.2007 (Freitag)
Heute bekommt Filch viel Besuch. Es beginnt mit einer Dame, die ihm ein Stück Butterkuchen zu Punkt Nummer sechs bringt und ein wenig erleichtert zu sein scheint, dass er Butterkuchen mag. Ihre Erscheinung beeindruckt ihn. Sie erweckt in ihm den Eindruck als wisse sie was es bedeute dafür einzustehen, seinen eigenen Weg zu gehen. Er hat es sich auch nicht ausgesucht, ein wenig anders zu sein als die übrigen Bewohner dieser Stadt aber es macht ihm auch nichts aus - im Gegenteil. Es ist manchmal sogar ein wenig stolz darauf. Und so empfindet es Filch auch nicht als Geste des Mitleids, dass sie ihm ein wenig Essen bringt. Eher als ein ehrlich gemeintes Angebot in ein Gespräch zu kommen. Sie ist vor allem an seinem Arbeitsalltag interessiert. Wie es sei, den ganzen tag auf der Straße zu sein. Das ist selten. Die meisten Menschen mit denen er spricht, wollen immer wissen, was er macht, sobald er seinen Laden schließt. Filch versucht mit der gleichen Aufrichtigkeit zu antworten, die ihm entgegengebracht wird: »Ich mag Menschen, daher liebe ich meinen Job«. Die Dame geht weiter.
Etwas hat sich verändert seit er hier ist. Die Leute erkennen ihn mittlerweile sehr schnell, deuten dann oft mit einer Geste zu ihn herüber und sagen so etwas wie, das ist der Bettler. Was Filch daran nicht mag: Umso mehr sich die Leute an ihn gewöhnen umso weniger stellen sie ihn in Frage. Er wird zunehmend ›abgehakt‹ auf den Touren der Menschen durch die Stadt. Eben eine Sache mehr, an der man vorbei muss um sie zu fotografieren. Wenn das so weitergeht, dann wird er irgendwann noch eine Station der Münsteraner Besichtigungsbahn – von jenem busartigen Wagen mit großen Fenstern und einem Anhänger in dem sich Touristen mit Tonbandansagen die Stadt erklären lassen. Warum verwenden so viele Menschen so viel Energie darauf, sich die Welt so einzurichten, dass alle Dinge Sinn ergeben? Und hier fällt ihm ein Satz ein, den er die letzten Tage gehört hat: »Der eigentliche Unterschied zwischen Realität und Fiktion bestehe darin, dass die Realität keinen Sinn ergeben müsse«. Danach will Filch heute suchen – Dinge ohne Sinn!
Die Besitzerin des Damenbekleidungsgeschäftes begrüßt ihn heute mit: »Das Kunstwerk ist wieder da« und 4 oder 5 Menschen fotografieren ihn einfach von der anderen Straßenseite und gehen kommentarlos weiter. Er ist vom Beobachter zum Beobachteten geworden. Dann kommt eine Frau vorbei, die sich für den Auftritt am Mittwoch bedankt und ihn fragt, ob er darüber heute schon in der Zeitung gelesen habe? Hat er nicht – damit hat er auch ehrlich nicht gerechnet, schon wieder in der Zeitung zu stehen. Heute sind es sogar zwei Blätter, die über ihn berichten. Das erklärt natürlich die heutige Reaktion der Leute. Später bringt die Frau ihm sogar noch ein Exemplar der Zeitung vorbei.
Bevor er seine Schicht beendet, besucht ihn ein junges Paar. Sie ist Japanerin und Expertin in aller Art von Gummibärchen. Haribo sei sehr beliebt in Japan aber deutsche Original-Packungen zu importieren lohne sich nicht, weil die für die Japaner zu groß seien. Er ist Journalist, stellt sich heraus und schreibt für eine japanische Zeitung. Dieser Tag erweckt den Wunsch in Filch die Zeit zurück zu drehen – zurück zu dem Moment als er noch unbekannt war und seine Anwesenheit irritierte. Nun gut, das wird nicht möglich sein. Aber er kann sich verändern und sich neue Wege erschließen. Daher beschließt er für den Rest des Tages Gegenden der Stadt zu suchen, die er noch nicht kennt. Auf seinen Streifzügen entdeckt er den Hafen. Und es wundert ihn, dass er ihn bisher noch nicht wahrgenommen hat, da er doch in unmittelbarer Nähe des Cineplex Kinos liegt. Fundstücke dieser Gegend sind der Kinderhort »Fit for Life« und eine Betonkonstruktion, auf die jemand »Elefant« geschrieben hat. Durch die Aufschrift ist es tatsächlich möglich in dem Bau einen riesigen Elefanten zu erkennen. Davor, auf der anderen Seite des Kais, liegt ein Schiff mir der Aufschrift: »Sprache ist mehr als Worte«. Heute scheint es besonders schwer zu sein, Dinge zu finden, die keinen Sinn ergeben. In dem Schiff ist eine Ausstellung in der man viel über Sprachen lernen kann. Filch will lernen also geht er hinein. Zunächst beginnt er mit einem Test, wie progressiv seine Sprechweise ist. Das Resultat ist zufrieden stellend. Er sei für sprachliche Neuerungen grundsätzlich aufgeschlossen, übernehme sie aber nur, wenn diese sich bereits etabliert hätten. Mehr Spaß macht ihm seinen Namen in ägyptischen Hieroglyphen zu Stempeln und die Entdeckung, dass es Universitätsinstitute gibt, in denen man Klingonisch (The Klingon Language, die aus der Fernsehserie Star Treck) lernen könne. Hamlet sei sogar bereits ins Klingonische übersetzt worden. Und jetzt arbeite eine Gruppe von Wissenschaftlern daran weitere Werke der Weltliteratur zu Übertragen. Da scheint es endlich zu sein: Ein Stückchen Realität, das keinen Sinn ergibt. Er beschließt seinen Tag zu beenden.
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