English synopsis, The Beggar's Diary, 03.09.07. - Business is going from bad to worse, and—no use denying it—the reason for it is that people are no longer interested in Filch. The days are noticeably shorter, and colder. The international crowd of visitors is virtually non-existent, at least at the Spiekerhof. He even undergoes the humiliation of placing a big placard with "SALES!" next to the few items available at his street shop, but that takes him nowhere. No one is buying. Maybe it’s the right thing, that soon he’ll be no more. Maybe he is already well beyond his expiration date. He’s not afraid of loneliness, as you know and as he has proved beyond doubt on different occasions. But business stagnation is another matter. He can't stand that.
He receives a postcard from the Documenta. This proves two things:
1) someone is thinking of him; 2) his mailbox among the bushes at the Domplatz is still working.
(http://beta.thebeggarsopera.org/node/87)
Well, look at that! He is invited to Documenta! At long last, he’ll be able to hang up a big poster at the Spiekerhof stating: "Ich bin auf der Documenta. Filch, Skulptur No. 06." He can't wait. That will show them.
(http://beta.thebeggarsopera.org/node/94)
And that is not all. When he goes to the fyal to celebrate (his second visit today) with a non-contractual cup of coffee, he meets a bunch of students who invite him to share their secret passion: poker. Illegal gambling. Filch, a sculpture without any moral obligation, gives in temptation. And after some beginner's luck, he finds himself, at three o'clock in the morning and for the first time in his short life, totally and thoroughly broke.
TOMORROW, 5 SEPT 2007, THE BEGGAR'S EVENINGS, METROPOLIS KINO. BE THERE!!
for more info see:
http://beta.thebeggarsopera.org/evenings
3.9.2007
Die schlechten Geschäfte seit einiger Zeit zwingen Filch in die Offensive. Wenn das so weitergeht, wird er in wenigen Tagen vollkommen bankrott sein. Die Stadt hat sich verändert – muss er feststellen – und sie droht ihm zu entgleisen. Er findet keinen rechten Zugang mehr zu ihr. Es sind wesentlich weniger Leute unterwegs als noch vor kurzem und die Zahl ausländischer Touristen hat stark abgenommen. Sie waren immer eine gute Quelle für Geld und exotische Gegenstände. Doch es wird immer schwieriger mit ihnen in Kontakt zu kommen, denn die verbliebenen Gäste sind nun viel zielstrebiger unterwegs. Das mag am Wetter liegen Es ist kalt geworden und Sturm und Regen werden unangenehm häufig. Auf seinem Weg zum fyal kommt Filch an einer Aufschrift vorbei. »Style ist nicht alles im Leben«, steht dort an einem Fenster. Soll das ei zynischer Kommentar auf seine Rapperkarriere sein? Doch es bringt ihn auf die Idee: Heute wird seinen Sommerschlussverkauf beginnen und er wird ein Bekleidungsgeschäft eröffnen. Denn die Hoffnung seine Badehose noch benutzen zu können hat er längst aufgegeben. Und sein ganzes Set an Schwimmutensilien ist noch beinahe wie neu. Dazu hat er ja auch noch sein Revolutions-T-Shirt mit seinem Konterfei darauf. Wenn das mal nur keinen Ärger mit dem Damenbekleidungsgeschäft gibt. Bisher haben sie ihn immer mehr oder weniger wohlwollend machen lassen. Doch wenn er nun anfängt in die gleiche Branche zu investieren, werden sie dann immer noch so freundlich bleiben? Sie tun es, besser sie nehmen keine Notiz von ihm, wie auch alle anderen Menschen an diesem Tag. Ein ganzer Vormittag ohne ein einziges Gespräch und ohne auch nur einen Euro verdient zu haben ist verstrichen. »Vielleicht ist es ganz richtig, dass ich bald weg bin« denkt Filch. Hat er am Ende seine Haltbarkeit schon längst überschritten? Wenn die Leute so sehr das Interesse an ihm verlieren, warum sollte er dann darum kämpfen hier zu bleiben? Er kann Einsamkeit ertragen, das hat er zu genüge unter Beweis gestellt. Aber Geschäftsstillstand ist für ihn äußerst prekär. Ein heftiger Regensturm zwingt ihn, Unterschlupf zu suchen. Er geht in das Einkaufszentrum in den Arkaden, die – so stellt er in besserwisserischer Manier fest – gar keine Arkaden sind, sondern Kolonnaden sind. Denn am ganzen Gebäude gibt es nicht eine einzige Stelle, die auch nur im Entferntesten an einen Bogen erinnern könnte. Im Saturn Elektrogeschäft wird ein neues Hifi System vorgestellt. Mit einem Konzertvideo von Phil Collins vor einer Couch! Eigentlich ist er kein besonderer Freund von Collins, doch die Couch begeistert ihn sofort und ein wenig später auch das Konzert. Er sieht es gleich zweimal in Folge an, bis eine Verkäuferin demonstrativ den Ton leise stellt und ihm damit offensichtlich zu verstehen gibt, dass er das Sofa nun endgültig zu verlassen. Doch zuvor will er noch ein Foto von sich und Phil Collins machen. Vielleicht lässt sich das ja vermarkten? Er wird es »Three Levels of reality« nennen, doch es gelingen ihm nur unscharfe Bilder. Gerne hätte er noch die zweite DVD des Konzertes gesehen, doch das muss er wohl ein anderes Mal versuchen. Filch ist mutlos, denn auch wenn die Stadt ihn immer wieder mit der einen oder anderen Geschichte überrascht, so wird doch immer deutlicher: Die Leute haben so langsam das Interesse an ihm verloren. Und auch er, wenn er ehrlich ist, hätte mittlerweile nichts mehr dagegen einzuwenden, einfach zu verwinden. Auf einem anderen Fernseher läuft gerade »Lord of the Rings« irgendeine Kampfszene. Die guten sind umzingelt von einer unüberschaubaren Anzahl von Feinden. Es sieht schlecht aus, doch dann gehen sie, getrieben von dem Mut der Verszweiflung zum Angriff über. Begleitet von pompösester Orchestermusik wenden sie das Schlachtglück. Filch hat begriffen: Es geht nicht darum, ob er hier willkommen ist oder nicht. Letztlich geht es auch nicht darum, ob er bleiben will oder nicht. Doch wenn er jetzt aufgibt ist alles verloren, was er bisher erreicht hat. Er wird nicht aufgeben – weiterkämpfen, auch wen er Zweifel an dem Ziel hat. Er ist ein Kämpfer und so lange er kämpft gibt es ihn!
Und als wolle ihm das Schicksal (an das er im Übrigen nicht glaubt) den Mut der alten Tage zurückgeben, erreicht ihn eine Postkarte von der Documenta. Sie lesen dort offenbar sein Tagebuch und er ist eingeladen zu kommen! Doch viel wichtiger für ihn, dass dies der endgültige Beweis ist, dass seine Briefkastenadresse auch offiziell funktioniert. Daraus ergibt sich folgerichtig ein neuer Plan. Er will Unterstützung sammeln. Leute, die dafür eintreten, dass die Stadt Münster ihn kaufen soll. Dazu hat er Unterstützter-Postkarten angefertigt. Die Förderer brauchen sie nur noch zu unterschreiben und an ihn zu schicken. Und nach all seinem Engagement für den Faden soll der jetzt auch mal was für ihn tun! Er wird die Postkarten an seinem Protestfaden aufhängen, damit sie alle zu sehen bekommen.
Trotzig geht er zurück ins fyal, wo er sich heute einen zweiten (nicht vertraglichen) Kaffee abholt und die Karten auslegt. Dann die aufregendste Begegnung seit Langem. Eine Gruppe Psychologie Studenten feiert das bestandene Statistik Examen –für ihn springt ein Bier heraus und ein Gespräch. Filch hat sie gefunden!! Die geheime und illegale Glücksspielszene in Münster. Diese Menschen Pokern – an einem geheimen Ort natürlich – um Geld. Und Filch weiß dass dies vielleicht seine letzte unwiederbringliche Chance sein wird das große Geld zu machen. Der Einsatz ist 2,50. Genauso viel hat er noch. Sobald es dunkel ist macht er sich auf dem Weg zu der konspirativen Wohnung. Er hat noch nie gepokert, aber er lernt schnell. Und nach anfänglich zögerlichem Spiel kommt er in Fahrt und Fortuna mit ihm!!! Als er zum sich zum ersten Mal einen Bluff leistet und mit quasi nichts auf de Hand »All In« spielt, rettet ihn die letzte Karte und verwandelt sein wildes Sammelsurium in einen grandiosen Flash. Seine Mitspieler sind beeindruckt und er ist über große Teile des Spiels der große Gewinner. Doch war es der Alkohol? Oder die Müdigkeit? Oder ist er wieder einmal »Unglücklich verliebt? « (Siehe gestern.) Deutlich hat er den Zeitpunkt zum aufhören verpasst! Und zum ersten Mal in seinem Leben ist er an diesem Abend vollkommen pleite.
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