« next previous »

English synopsis, The Beggar's diary, 20.07.07. - An unglamorous day. Days such as this happen in Muenster as well. Filch is kindly asked to return the chairs he had borrowed from the Landesmuseum for his writing business, and he has the sense that they don’t trust him enough to lend him those chairs – perhaps they are afraid he might sell them? Marginal remains marginal, and he is marginal.

So, chair-less, he sets up his shop as usual at the Spiekerhof. Art tourism is going on as usual, with very kind and interested people that Filch is happy to talk to. But the morning passes by eventless.

Filch The Beggar is still attracted by a criminal career. Marginal remains marginal, why not go all the way? He tries to find some more information about the spectacular robbery that happened last weekend, you know, the one of $ 200.000.000. He remembers the lady speaking on the radio about it, and closing her analysis with the sentence: "In my opinion, those gentlemen have seen Ocean's 13 too many times”. Well that's it! To improve –to start, rather- his criminal career, he MUST see Ocean's 13.

And that is what he does. What he does not know when he enters the magnificent entrance hall of Muenster’s “Stadt New York” cinema, is that, two and a half hours later, he will be utterly resolute in his decision to go to the hairdresser and ask to have his hair cut exactly like George Clooney’s. He’ll also inquire about how much it’d cost to dye it a decent, respectful-looking shade of gray.

Bettlertagebuch 20.07.07 (Freitag)

Er holt bei der Information den Stuhl ab, auf dem gestern Abend noch die Reiseschreibmaschine stand und trägt ihn zurück ins Landesmuseum. Dort erklärt man ihm, dass es zwar gut sei, dass er den Stuhl wiedergebracht habe, das aber von jetzt an keine Stühle mehr an ihn verliehen würden. Nichts Persönliches. Etwas Grundsätzliches. Und Regen täte den Stühlen auch nicht gut. Das kann sich Filch gut vorstellen. Er erklärt sich ein bisschen, vor allem dahingehend, was er nie täte, aber im Grunde ist er beruhigt: es war in den vergangenen beiden Tagen fast zu leicht, sich den Stuhl auszuleihen. Das hier ist wieder die gute alte Welt, wie er sie kennt.

Am Spiekerhof weht eine leichte, latent schwüle Briese allerlei ärgerliches Zeug auf sein Tuch: zerknickte Flyer in Postkarten-Größe, ein paar Federn (!), die Plastikhülle einer Zigarettenschachtel, die zerrissene Börsenseite eine amerikanischen Zeitung. Aber so oft er das Zeug auch weg zu treten, weg zu pusten oder mit dem Schuh weg zu ziehen versucht: es kommt IMMER wieder zurück aufs Tuch.

Dann hat er endlich ein wenig Besuch: ein Ehepaar aus New York mit einem kleinen Jungen, der im Kinderwagen schläft. Es macht Filch großen Spaß, mit ihnen zu sprechen, und er weiß besonders den sanften, pragmatischen Spott der Frau zu schätzen, der sich nie gegen ihn allein richtet und eine humorvolle und hellwache Einstellung dem Leben gegenüber durchblicken lässt.

Dann findet er zwei Kunsttouristinnen aus Italien, die mit ihren Fahrrädern an sein Tuch kommen. Eine der beiden ist Kunstdozentin, die andere eine Künstlerin, die sich mit Installationen beschäftigt, die mit anderen Kunstwerken in Kommunikation treten! Sie verspricht, sich auf www.thebeggarsopera.org zu melden und Filch zur Teilnahme an einem Projekt einzuladen. Bevor sie fahren, schenken sie Filch noch ein Zeugnis über eine Pilgerfahrt, die mit dem heiligen Franziskus zu tun hat, und einen Aufkleber von Kunstschüler-Schuluniformen, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt.
Als sie wieder auf die Straße zurückfahren, kurz anhalten, um sich sicher in den fließenden Verkehr einzufinden, und ihm noch einmal zuwinken, denkt Filch, zurückwinkend, dass man gleich erkennt, dass sie nicht aus Münster sind. Allein schon, weil sie nicht einfach auf die Straße fahren.

Eine Frau mit Eis ist seine letzte Besucherin am Spiekerhof für heute. Sie ärgert sich ein wenig, dass sie die Hände nicht frei hat, um völlig unbeschwert ein Foto von ihm machen zu können. Schließlich legt sie - "Man muss Prioritäten setzen!" - das Eis in einem Lüftungsgitter ab und lässt sich mit Filch fotografieren. Und sie kauft einen Kugelschreiber von "Antenne Münster", den Filch am Sonntag am Aasee erbaggert hat. Als sie das Eis wieder an sich nimmt, ist es leicht angeschmolzen. Filch weiß das durchaus zu schätzen.

Keiner seiner heutigen Besucher konnte ihm etwas über den spektakulären $ 200.000.000-Raub am letzten Wochenende erzählen, also geht Filch zu einem Zeitungslokal, an dem man, da dort täglich die aktuelle Zeitung ausgehängt wird, eigentlich alle Neuigkeiten - sozusagen im Vorbeigehen - erbaggern könnte. Aber auch in den archivierten Zeitungen der letzten Woche findet Filch nichts über den Raub. Aber immerhin eine kleine Notiz: "Das Stan Laurel und Oliver Hardy-Museum" in Solingen zeigt am 28. Juli anlässlich des Geburtstags von Oliver Hardy Filme aus dessen Solokarriere. Der Eintritt ist frei! - Aber in Solingen und erst am Samstag in einer Woche. Und plötzlich weiß Filch, was er will: Er will ins Kino. Selbst wenn nichts von Martin Scorsese oder Bill Viola gespielt wird. Und zwar richtig: mit bezahlen und vielleicht sogar mit Eis.

Im Kino "Stadt New York" entdeckt er einen Film, dessen Titel ihm bekannt vorkommt: "Ocean´s 13". Er glaubt sich zu erinnern, dass dieser Film, als er am Montag vor drei Wochen ins Kino wollte, schon im Kino hinter dem Bahnhof lief. Aber er meint, den Titel noch irgendwo gehört zu haben. - Dann fällt es ihm ein: Die Radiomoderatorin am Sonntag sagte in dem einzigen Medienbericht, den er über den Raubüberfall gehört hat als Schlusskommentar: "Wohl etwas zu viel Ocean´s 13 geguckt, die Herren!" Jetzt steht es fest: Er muss "Ocean´s 13" sehen.
Allerdings fühlt sich Filch gegenüber dem anderen Kino, in dem er den Film zum ersten Mal veranschlagt gesehen hat, irgendwie verpflichtet. Wenn es auch nicht mit diesem, viel besseren Plakat war.
Also läuft er den ganzen Weg bis weit hinter den Bahnhof, um seinem vielleicht nicht für jedermann nachvollziehbaren Moralkodex genüge zu tun.

Auf dem Weg zum Bahnhof bittet ihn eine Rugby-Mannschaft aus Leeds, die zu einem Spiel nach Münster eingeladen worden sind, sie zu einem Hotel zu führen, damit sie Geld wechseln können. Filch muss sowieso in die Richtung.
Am Bahnhof fragt er in zwei Zeitungsgeschäften nach der "Cahiers du Cinema", aber leider ist sie nirgends zu bekommen.

Das "Cineplex" zeigt "Ocean´s 13" gar nicht mehr! Also läuft Filch zurück zum "Stadt New York". Er hat noch Zeit genug. - Was er allerdings nicht weiß, als er um kurz nach acht den wundervollen Vorführsaal mit Tanzfläche und Theke betritt, ist, dass er in zweieinhalb Stunden wild entschlossen sein wird, sich bei einem Friseur über den Preis einer Frisur wie der des Hauptdarstellers zu erkundigen, und bei dieser Gelegenheit auch gleich zu fragen, wie viel es kosten würde, seine Haare vor dem Schnitt dezent grau färben zu lassen.





Sat 21
Jul 2007

Täglich "fiebere" ich dem

Posted by anonymous user

Täglich "fiebere" ich dem neuen Eintrag entgegen. Nicht nur, weil er oft glückliche Lachsalven bewirkt; in erster Linie ist es wohl die ... "schmunzelnde Poesie", die eine jede Beschreibung von Belanglosigkeiten unseres Lebens durchstrahlt. Für mich als Leserin ist das einfach eine herrliche Literatur. Ging früher das Theater aus der Literatur hervor, so wird hier der Spieß umgedreht - das Realtimetheater hinterlässt seine Spur in der Literatur.
Inzwischen wurde klargestellt, dass nicht die Skulptur 06 schreibtätig sei (außer im fremden Auftrag auf der Straße) - sie habe einen "Sekretär", der täglich aus dem Nähkästchen plaudere.
Wie zufrieden sind Sie Herr Filch mit seinem Dienst ? Als ich Ihnen vorgestern begegnet war, war Ihr Zeitrahmen leider so knapp, dass ich das nicht direkt erfragen konnte ...
Alina K.