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English synopsis 25.06.07 (scroll down for images, für Deutsch siehe unten)
A rainy day.
Still, Filch The Beggar is in the best of moods: he has decided to go to the movies. Now all he needs is to find someone who’ll pay for his ticket. He decides he needs a different account (read: plastic coffee cup) than the one he uses to keep the foreign currency people give to him. So the first thing he does is to try to find a new plastic cup, and to this effect he goes to a bakery that serves coffee to go and orders a hot chocolate. Then, out of the blue, he receives a bonus for a free cappuccino. Filch's enthusiasm is so great that he decides to order his free cappuccino right away, even though he has just had a cup of hot chocolate, and even though he doesn’t like coffee at all. There is a lady in front of him in the queue, and he considers offering her the bonus, and them allow himself to be rewarded for his kindness, but he decides against it. Cowardice? No. Respect—he figures he shouldn't interfere in the business of people (the baker) who, like him, are trying to make a living.
His attractive plan turns out to be a total fiasco. Because it is still early afternoon, most of the people going to the movies are parents with kids, and he does not like to ask them for money. He ask a couple of people. He is rejected. He realizes eventually that no one will give him money to go to the movies, and, truth be told, he is just not sufficiently attracted to any of the films showing to go through the effort of convincing someone to pay him a ticket. If at least they were playing a Bill Viola film … remember Peter Greenaway?
http://www.youtube.com/watch?v=rx-oybwrBFY
As he is walking to point 06 it starts raining again. He distributes the few flyers he has left for the The Beggar's Evening on Wednesday June 27, while placing his new, unused plastic cup in front of him. A man approaches and ask him if he is The Beggar. Filch just points to the plastic cup. The man laughs and leaves. Filch imagines the young Brecht looking at him in approval. Then he imagines the old Brecht looking at him, shaking his head and saying: "Boy, oh boy, just what are you doing?"

Bettlertagebuch, 25.06.07 (Montag)

Ein regnerischer Tag. Aber Filch ist bester Laune: er hat beschlossen, etwas Besonderes zu unternehmen, nämlich: ins Kino zu gehen. Bewegte Bilder, die einen Film ergeben. Herrlich. Filch freut sich. Er braucht nur noch jemanden, der ihm die Kinokarte bezahlt.

Das Geld für die Kinokarte will er sich in einem neuen Kaffeebecher erbaggern, der nichts mit seinem Devisenbecher zu tun haben soll. Eine getrennte Kasse. Um den Becher zu bekommen, kauft er in einer Selbstbedienungsbäckerei einen Becher heiße Schokolade und verwendet beim Abfüllen den alten Zwei-Becher-Trick, der - was immer noch die wenigsten Leute zu begreifen scheinen - oft einfach nur angewendet wird, um allen Beteiligten Peinlichkeiten zu ersparen. In der brauchbareren Tasche seines Jacketts findet Filch, als er den Becher hineinstecken will, um ihn für den Fall der Fälle schnellstmöglich griffbereit zu haben, eine Plastiktüte, die er gerade überhaupt nicht gebrauchen kann, aber es würde ihm nicht im Traum einfallen, sie wegzuwerfen. Überhaupt tut Filch sich schwer mit dem Wegwerfen. Selbst wenn es so etwas ist wie die Verpackung von "Prof. Dr. Stanley Kubricks" Zauberwürfel. Was ihn fasziniert - um beim Wegwerfen so schmerzt - ist, dass manche Verpackungen so präzise sind, so passgenau, so perfekt und dann, mit einem Mal - sind sie überflüssig. Oft zwingt er sich, Dinge wegzuwerfen (Gewicht und Auslastung seines Rucksacks sind das Kriterium), aber es ist selten leicht.

Er hat gerade den Kakao ausgetrunken (nach dem Abfüllen war er so heiß, dass ein einzelner Becher kaum gereicht hätte, um ihn zu tragen"), als er einen Gutschein für eine Tasse Cappuccino geschenkt bekommt. Seine Begeisterung über das Geschenk ist - obwohl er eigentlich keinen Cappuccino mag und gerade den Kakao getrunken hat - so groß, dass er beschließt, das Café direkt aufzusuchen.

Es sieht wirklich sehr freundlich aus. Vor Filch steht eine Frau an der Kasse und fragt, ob sie ihr Frühstücksmenü wahlweise auch mit Cappuccino bekommen könnte. Filch ist drauf und dran, seinen Gutschein anzubieten und sich von der Beschenkten nach Gutdünken entlohnen zu lassen, aber etwas hält ihn davon ab. Er fragt sich, ob er aus Feigheit zögert, doch es ist wohl eher Respekt: anderen Geschäftsleuten in ihrem Revier die Tour zu vermasseln war nie sein Ding.

Im Kino erkundigt er sich, ob auch ein Film von Bill Viola dabei ist. Wenn Bill Viola - nach Greenaway - Filme dreht, die zehn Mal so spannend sind wie die von Martin Scorsese, will Filch unbedingt einen sehen. Der Kartenverkäufer bedauert: kein Film von Bill Viola. Keiner von Scorsese. Und auch keiner von Greenaway. Filch ist etwas enttäuscht, erkundigt sich aber trotzdem nach dem Preis der billigsten Karte.
6,50 Euro. Das ist das Ziel.
Filch hatte gar nicht daran gedacht, dass zu einer Vorstellung am frühen Nachmittag größtenteils Eltern mit Kindern kommen würden, und es fällt ihm schon etwas schwerer, sich vorzustellen, eine Kinokarte zu erbaggern. Aber vielleicht nur, weil das Ziel noch nicht klar genug abgesteckt ist.
Es läuft von Anfang an schlecht, eine Frau schüttelt nur den Kopf und entschuldigt sich lachend, ein Mann sieht ihn an, kann aber nichts Hörbares hervorbringen, als er an ihm vorbeigeht und im Vorbeigehen in Filchs (leeren) Kaffeebecher schaut. Irgendwie tut der Mann Filch Leid.
Er könnte noch weitermachen. Es regnet nur leicht, aber irgendwie weiß Filch plötzlich, dass es vorbei ist. Es hat keinen Zweck. Er ist nicht überzeugt genug davon, jetzt in einen dieser Filme gehen zu müssen. Das ist die Wahrheit. Und wenn er sich selbst nicht überzeugen kann, wen soll er dann überzeugen können? Das Filmangebot hat ihn nicht inspiriert, nicht hingerissen, er will die Kinder nicht stören, für die es ein ganz besonderes Vergnügen ist, ins Kino zu gehen. Eine Weile bleibt er noch vor dem Kino stehen, dann geht er zurück in Richtung Bahnhof..

Mit dem Vorsatz, etwas zu essen, geht er in die Innenstadt zurück. Dann hat er plötzlich eine Idee: er könnte die Fünf-Dollar-Note, die ihm gestern geschenkt worden ist, bei einer Bank in Euro umtauschen! Sie ist zwar ein besonderes Glanzstück seiner Sammlung, aber Geld ist Geld, und der alte Abraham Lincoln wird es, denkt er, nicht persönlich nehmen.
Das neue Ziel vor Augen, gewinnt sein Spaziergang gleich an Tempo.

Einem plötzlichen Impuls folgend entschließt sich Filch, in der Bank seinen Worten eine leichte angloamerikanische Färbung zu geben und gelegentliche Satzteile gleich auf Englisch zu sagen. Ich lasse es ihm durchgehen, denn es passt nicht schlecht zur Geldwechsel-Szene. Filch macht es nicht so schlecht, und die junge Dame, die ihm das Geld wechselt, antwortet ihm sogar manchmal auf Englisch. Sie fragt ihn, ob er bei der Bank ein Konto hat, was er verneinen muss. (Ich müsste es vielleicht nicht verneinen, aber er.) Daraufhin erklärt sie ihm, dass dann eine Gebühr von 1,50 Euro berechnet werden muss, und fügt mit bedauerndem Lächeln hinzu, dass von seinen 5 Dollar nicht viel übrig bleiben wird. Aber er mag sie trotzdem.
Die blanken Fakten sind allerdings erschreckend: Von "Währung 400 USD USA 5,0" verbleibt bei einem "Kurs Eur-Gegenwert" von 0,714 nach Abzug von 1,50 Euro ein "Euro-Gesamtbetrag" in Höhe von 2,07, die im Folgenden in einen Hot Dog und ein Schinkenbrötchen umgerechnet werden.

An Punkt 06 ist es sehr ruhig. Filch läuft das kurze Stück bis zur Aa und bleibt einfach, fast unbemerkt auf einer Bank sitzen, bis es wieder zu regnen beginnt.
Später verteilt er noch die restlichen Flyer für Mitwoch. Ein freundlicher Herr fragt ihn, ob er selbst der "Beggar" sei, und Filch verneint es nicht. Er zeigt sogar den unbenutzten Kafeebecher vor, und der Mann lacht und wünscht ihm viel Glück.
Den unbenutzten Kaffeebecher, in den noch keine einzige Münze gefallen ist, und Filch zeigt ihn vor, als wäre es der altgediente! - Ein Requisit, das ein anderes Requisit repräsentiert. Ich sehe den jungen Brecht, wie er wortlos den Vorschlag übernimmt und später wortlos behauptet, es wäre seine Idee gewesen. Ich sehe Brecht in seinen späteren Jahren, den Kopf schüttelnd und fast schon resignativ und milde akzeptierend sagen: "Junge, was machst Du denn?"