English Synopsis 21.06.07 (scroll down for audio —2 files: "Sam's opinion about SPM07" and "Disclaimer: The Beggar is Innocent"—, für Deutsch siehe unten)
Filch The Beggar is sure about one thing: if he wants to have the right answers, he must ask the elite. He must address himself to the people who in the near future will rule the world. So he walks to the university of Muenster. Of course, his plan is to reward the scholars, and to that end he quickly picks up from the Landesmuseum some SPM07 promo packs: ball-pens, lighters, sweets. He then thinks he has to reward the assistant curator lady, who has given him so kindly all the material (he does not want to run such a generous source dry), so he buys her a Rubik's cube (sold to him as "Stanley Kubrick's cube”).
Properly equipped, he’s off to the student restaurant next to the Aasee … All the 15 questions he wanted to ask are answered, but it is this one conversation that will certainly stay in our minds for a long time: when asking one of the students about his vision on the SPM07, he receives this golden sentence: "It is amazing that a bunch of immobile things make so many people move". "Well…" answers The Beggar, "some of them do move, like sculpture No. 06, The Beggar, which finds people instead of being found." "Yes, so I heard; but I have not met him yet”. And at that moment, suddenly, he looks intently at The Beggar, who lowers his eyes to write down such an interesting conversation while thinking: "I guess it takes some courage to ask a guy if he is The Beggar".
Back to point number 06, a young woman gives Filch a 20 cent coin. "I am sculpture No. 06", says The Beggar, but the woman does not understand and walks away. The Beggar waves his hand to her as she steps on the bus.
Bettlertagebuch 21.06.07 (Donnerstag)
Filch ist sich über eins klar: wenn er Antworten will, die ihn weiterbringen, dann muss er sich an die Elite wenden. Er muss sich an die Menschen wenden, denen in nicht allzu ferner Zukunft ein Teil der Welt gehören wird.
Einen Großteil des Vormittags verbringt er damit, sich Fragen zu überlegen, die die Befragten intellektuell herausfordern. Manche sollen die Zukunft betreffen, andere die Vergangenheit. Er will wissen, ob es was taugt, das Wissen.
Doch eine Sache hängt mit einer anderen zusammen. Sich so gewichtige Antworten zu erbeggarn bedeutet, denkt er, fast schon Diebstahl. Die Befragten müssen anständig entschädigt werden. Dürfen nicht so weggeschickt werden wie er gestern: mit einer Tüte Süßigkeiten und dem Gefühl, etwas verloren zu haben. Deshalb geht er zuerst zum Landesmuseum, um dort um ein paar Stifte und Anstecker zu bitten. Aber er braucht ein Geschenk für die Kuratoriumsassistentin, die ihn gestern nicht hat hängen lassen. Das ist ihm klar. Sonst versiegt die Quelle irgendwann.
Er kauft in einem Laden für einen Euro einen Zauberwürfel, wie es ihn vor 20 oder 25 Jahren überall zu kaufen gab, und mit denen "Professor Stanley Kubrick" eine Menge Geld verdient hat. Im Laden kann man sich auch noch daran erinnern, als der Würfel seinen Siegeszug angetreten hat. "Das war ein Renner", erinnert sich die Verkäuferin, "den hatten alle." Natürlich war das Original noch eindrucksvoller als dieses Exemplar für einen Euro, das eine "wahrscheinlich autorisierte Kopie" ist, wie sie meint, aber immerhin: das Prinzip ist das Gleiche. Es war die Idee, die "Professor Stanley Kubrick" (an diesen Namen glaubt sich Filch zu erinnern) reich gemacht hat. Ein Würfel - und dann nie mehr beggarn müssen. Gehab Dich wohl, Du regennasse Welt, willkommen auf Hawaii.
Den Weg zur Universitätsmensa am Aasee erfragt sich Filch, der geschäftige Beggar, der durch Ablegen seines Jacketts an seiner Unsichtbarkeit gearbeitet hat. Aber als Dank für die Zeit, die sie ihm schenken und das Wissen, dass er sich von ihnen erbeggart, hat er nicht nur Anstecker und Stifte in der Tasche, sondern auch ein Exemplar des Buchs "Ein anderer Sommer" von seinem alten Kumpel Kandil: 10 Euro (Würfel und Buch) für die Ansichten der Wissenden sind viel, aber unter Umständen nicht allzu viel.
Heimelig, die Mensa, heimelig, denkt Filch, und die Studenten: wach. Sehr wach! Seine Fragen:
1. Sind Sie Student?
2. Im wievielten Semester sind Sie oder haben Sie ihr Studium beendet?
3. Welche Fachrichtung studieren Sie?
4. Welche Fachrichtung hätten Sie am liebsten studiert?
5. Wenn Sie Künstler wären, was für ein Künstler wären Sie?
6. Vielleicht haben Sie davon gehört, dass einige leitende Angestellte sich in letzter Zeit vor Gericht verantworten mussten, weil Sie auf Firmenkosten Prostituierte besucht haben. - Empfänden Sie eine Gefängnisstrafe dafür angebracht? - Falls ja: über fünf Jahre?
7. Wer wird Ihrer Meinung nach der nächste Präsidentschaftskandidat der Demokraten in den USA?
8. Geisteswissenschaften/Literatur. In welcher Novelle beschreibt Arthur Schnitzler die verheerenden Auswirkungen einer mutmaßlich durchwachten Nacht im Leben eines verheirateten Mannes?
9. War Tom Cruise in "Eyes Wide Shut" doch besser als Nicole Kidman?
10. Mögen Sie erotische Literatur?
11. Wenn Sie ein Kunstwerk sein könnten, welches wären Sie gerne?
12. Wer ist momentan der beste Politiker national oder international?
13. Wie kann man Ihrer Meinung nach am schnellsten zu Geld kommen?
14. Wäre es Ihnen, als gebildetem Menschen, egal, wie Sie zu Geld kommen?
15. Ab wie vielen Teilnehmern, glauben Sie, ist eine Befragung wie diese relevant?
Wenn das Du von Seiten der Befragten kommt, nimmt Filch es auf. Genau wie folgendes Zitat, das bei einem Gespräch über die laufende Skulptur-Ausstellung im Anschluss an ein Interview fällt, und das Sven H. ihm überlässt: "Es ist erstaunlich, dass so viele still stehende Dinge so viele Menschen in Bewegung bringen." Dann unterhalten sie sich kurz darüber, dass manche von den Skulpturen ja auch zur Bewegung auffordern wie zum Beispiel der "Trampelpfad".
"Oder Skulptur Nr. 6", weiß Filch zu berichten, "habt Ihr schon vom `Beggar´gehört, der mutmaßlich eher die Leute findet als von ihnen gefunden zu werden? Um Informationen zu bekommen oder um etwas zu tauschen -"
"Sagen wir mal so", meint Sven, "gesehen habe ich ihn noch nicht." Dann sieht er Filch direkt an.
Vielleicht ahnt er es, denkt Filch, aber natürlich, würde es eine ganze Menge Überwindung kosten, jemanden zu fragen, ob er der "Beggar" ist. Filch nickt und vertieft sich in die Aufschrift des Zitats.
Es hat zu regnen begonnen. Er hat zwanzig Interviews geschafft und in der Mensa gegessen. Er begibt sich an Punkt 06. Zwei Damen aus New York und eine kleine Reisegruppe aus Dänemark und Chilé kommen Filch besuchen. Eine der beiden Damen schenkt Filch einen Stift, nachdem er der anderen seinen Kugelschreiber geschenkt hat. Und dann, unerwartet, nach einer halben Stunde fast unbeobachteten Herumstehens kommt eine junge Frau, die an der Bushaltestelle neben ihm auf den Bus gewartet hat und schenkt ihm zwanzig Cent. Der Bus fährt ein. "I´m sculpture No. 6", erklärt ihr Filch, aber sie versteht nicht, was er meint und muss sich beeilen, um den Bus noch zu bekommen. Es regnet heftig und die Scheiben des Busses sind beschlagen. Filch winkt ihr trotzdem.
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