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English synopsis, The Beggar's Diary 20.08.07. – "A promise is a promise" says Filch to Fyal’s owner. So that it goes without saying that he’ll give, as a present to that friendly café, the framed manuscript of his rap song. And just before he leaps into fame next Wednesday evening. "A promise is a promise" he keeps repeating to himself while he considers investing the money he’s got coming for selling his drawing "The Beginning of Something" on a frame for the manuscript.
If there is one thing Filch has, it is his word. He remembers proudly how the assistant curator of the Westfalischer Kunstverein placed a little yellow dot on his drawing once the client expressed his determination to acquire it.
He asks Anna to call that client, a respectable book publisher, from the office of the Landesmuseum, and to arrange for an appointment. He’ll certainly be taken more seriously if he (pretends he) has a secretary. Anna, diligent as always, arranges the meeting.
The meeting spot is really quite far so he needs to ask for directions, which he does, very nonchalantly, at a music shop. There, he overhears a conversation between the shopkeeper and a client, in which the shopkeeper tells the client that CDs from local bands must really look professional if they want to be sold at this shop. This is a subject that interests Filch a great deal, as he is ready for the official take-off of his musical career during Wednesday’s performance at the Metropolis Kino.
Just as casually, he informs himself at the next shop about some computer programs used to compose music and record it.
He finally arrives at his meeting, which turns out to be extremely pleasant and friendly, as well as quite informative about the inner forces governing Muenster.
As a finishing touch for the day, he receives from his good friend the photographer a wonderful black and white picture of him standing in front of the Metropolis Kino, where his musical career is all set to start tomorrow evening. He decides on the spot to use it as a campaign image.
LIVE ON WEDNESDAY, CHARLES "THE BEGGAR" FILCH, 17:00 at the Metropolis Kino in Muenster. Just don't miss it.

Bettlertagebuch, 20.08.07 (Montag)

"Versprochen ist versprochen", erklärt Filch dem Wirt im "fyal". Sein Rap sei fertig, und bald, wenn nicht schon morgen, würde er hier vor Ort eine Abschrift machen, anschließend einen Rahmen kaufen und die gerahmten lyrics als kleine Aufmerksamkeit dafür überreichen, dass er hier seine "Aufgeschäumte" schon vor seinem großen Durchbruch in der Musikwelt umsonst bekommen hat.
Das Geld für den Rahmen will er heute im Tausch für sein auf den Tag genau vor einer Woche verkauftes Bild "The Beginning of Something" von dem Verleger abholen, der es gekauft hat. (Eins der Dinge, auf die Filch wirklich stolz ist, ist der gelbe Punkt, den die Kuratoriums-Assistentin, nachdem der Handel perfekt war, auf die Zeichnung geklebt hat. Was auch immer passiert: das kann ihm keiner mehr nehmen.)

Am Spiekerhof ist es heute eher ruhig.
Highlights sind der Besuch einer Familie aus Hamburg, die sich gedacht hat, dass ein kurzer Abstecher zu den Skulptur-Projekten auf dem Heimweg von England nicht schaden könnte und - kurz vor Ende seiner Sprechstunde - der Besuch einer Gruppe Kuratorinnen aus Hagen.
Mit der Familie kann sich Filch auch über die Kriminalfilme unterhalten, die die ganzen letzten Samstage als Double Features im Fernsehen liefen und ihn schon sehr bedauern ließen, keinen Fernseher zur direkten Verfügung zu haben. Dass in einigen dieser Filme die Elbe für die Themse hergehalten hat, finden sie alle vier toll.
Von den Damen aus Hagen glaubt eine, Filch zu kennen und umarmt ihn sogar zur Begrüßung. In diesem speziellen Fall ist Filch geneigt zu glauben, dass Verwechslungen nicht immer unangenehm sind.

Nach Schichtende läuft er ins Büro des Landesmuseums und bittet eine der dort tätigen Kuratoriums-Assistentinnen, bei dem Verleger anzurufen, der die Option auf "The Beginning of Something" erworben hat. Er findet das irgendwie professioneller und um Längen weltmännischer, als seinen Besuch selbst anzukündigen.
Der Termin wird auf 15.30 Uhr anberaumt und Filch läuft einfach mal los. Er hat zwar eine Visitenkarte (mit unterschriebener Kaufbestätigung auf der Rückseite), aber das ist natürlich noch keine Wegbeschreibung. Wie sich später herausstellt, geht Filch aber instinktiv schon FAST in die richtige Richtung, allerdings unterschätzt er die Länge des Weges, so dass er gerade noch pünktlich zu seiner Verabredung in unmittelbarer Nähe des Dortmund-Ems-Kanals kommt.

Als er sich in der Stadt nach dem Weg erkundigt, und ihm auf der Straße niemand weiterhelfen kann, betritt er ein Musikgeschäft. Die Verkäuferin erklärt gerade einem Kunden, das CDs von Bands aus der Umgebung schon professionell aussehen müssten, DAMIT SIE SIE INS SORTIMENT AUFNEHMEN.
Als Filch an die Reihe kommt, vergisst er nach dem Weg zu fragen und knüpft direkt an das eben zufällig mitangehörte Gespräch an. Die Frau ist sehr freundlich und erklärt, dass die CDs natürlich nicht einfach nur wie selbst gebrannten Rohlingen aussehen dürften. - Natürlich nicht, pflichtet ihr Filch bei. Ansonsten erfährt er, dass CDs von Musikern aus der Umgebung bei Gefallen in kleiner Stückzahl angekauft und direkt bei ihrer jeweiligen Stilrichtung einsortiert würden. Und an der Wand hängen Bilder von Frank Sinatra, Humphrey Bogart und Woody Allen - und auf einem Plakat sind sogar Frank Sinatra und Bing Crosby und Dean Martin ZUSAMMEN abgebildet.
"Was meinen Sie mit ´selbst produziert", möchte Filch genauer wissen. Und die Frau erklärt ihm, dass es verschiedene Wege gibt, eine CD in Eigenregie aufzunehmen. Filch hat schon davon davon gehört, dass es möglich ist, mithilfe eines Computers Musik zu machen. Dieser Gedanke scheint der Frau aber nicht unbedingt der angenehmste zu sein und Filch ehrlich gesagt auch nicht. Und nicht nur weil er handwerksgläubig ist und glaubt, dass beispielsweise auch die analoge Fotografie (im ganz großen Stil) zurückkommt.
Als er sich bedankt und das Musikgeschäft FÜRS ERSTE wieder verlassen hat, sieht er, dass sich direkt gegenüber ein Fachgeschäft für Computer befindet. Vielleicht als Hilfestellung, denkt er, und nur weil sich andere Musiker noch nicht entschließen können, mit ihm zu arbeiten.

Im Laden gibt es eine kleine Klaviatur, die direkt an einen Computer angeschlossen ist. Es gibt kein eindeutigeres Zeichen, denkt Filch.
Zwei Verkäufer zeigen ihm andeutungsweise, was man alles mit Computern machen kann. Was Filch an musikalischen Möglichkeiten sieht, ist schwindelerregend und desillusionierend zugleich. Aber der kleinste Computer kostet ungefähr 12 Kohlezeichnungen unter Bestbedingungen verkauft und es werden keine Geräte verliehen. Zum Abschied bekommt er noch einen Prospekt, in dem "alles außer die neuste Software" zu finden ist, und in dem Filch Sachen sieht, die er sofort haben möchte, obwohl er nicht einmal weiß, wofür sie gebraucht werden.

Hinsichtlich seines bevorstehenden Weges helfen ihm letztendlich ein öffentlicher Stadtplan, zwei junge Damen und ein Mann vom Ordnungsamt weiter.
Das Wort "lang" wird für Filch künftig immer mit seiner Erinnerung an die Warendorfer Straße verknüpft sein, aber als er im "Flussviertel" am Dortmund-Ems-Kanal ankommt, ist er gerade noch pünktlich.

Der Verleger ist sehr gastfreundlich. Es gibt Mineralwasser und einen der schönsten Sitzplätze, die Filch jemals angeboten wurden. Der kleine Tisch, an den sie sich setzen, erweist sich als unerwartet geräumig. Und es liegt schon ein Geschenk für ihn bereit: das "Münsterbuch".
Im Laufe der folgenden Unterhaltung kommen noch einige Geschenke dazu: Postkarten mit Lyrik, ein Kalender für Kriminalliteratur, der sich bezeichnenderweise "Art in Crime" nennt, und ein Lyrikkalender für das nächste Jahr mit dem Titel "Fliegende Wörter /53 Qualitätsgedichte zum Verschreiben und Verbleiben für Zeitreisende, Sprachspieler, Kenner und Genießer", die englische Ausgabe des "Münsterbuchs" ("The Münsterbook"), Ankündigungspostkarten für beide Ausgaben mit einem kleinen Bild von Claes Oldenburgs "Großen Billardkugeln" als Platzhalter für die Briefmarke, der Katalog mit den Neuerscheinungen für Herbst 2007 und eine Videokassette mit der Talkrunde, an der Filch vor einigen Wochen teilgenommen, die er aber noch nicht gesehen hat.

Filch genießt die ruhige Atmosphäre im Haus des Verlegers und bittet darum, ein paar Fragen stellen zu dürfen, die er sich extra aufgeschrieben hat. Und so erfährt er, dass man "Fehler nachweisen" als eine Art Volkssport bezeichnen könnte, dass James Joyce wahrscheinlich der Lieblingsautor des Verlegers ist, dass Studenten und Bürger in Münster leider allzu oft "Rücken an Rücken" leben, dass die Liste derer, die den Literaturnobelpreis nicht gewonnen haben, eine wirklich erstaunliche Liste ist, dass die Vormachtstellung eines Verlages nur bewahrt werden kann, wenn es dem amtierenden Verleger gelingt, seine Nachfolge geordnet zu regeln, und dass Joyce heute wahrscheinlich "auch nur wie früher in engen Kreises" eine Chance gehabt hätte.
Darüber hinaus bezweifelt der Verleger, dass ein Protest des KING etwas gegen die Abhängung des Fadens vor dem Schloss hätte ausrichten können. "Das sind in Münster alles Machtfragen", erklärt er Filch, und es wäre fraglich, ob Elvis Presley, vor vollendete Tatsachen gestellt, gegen die Pferdemafia eine Chance gehabt hätte. Filch ist dankbar für diese offenen Worte.

Als sie gerade ein Foto machen möchten, das zeigt, wie der Verleger von Filch interviewt wird, kommt die Frau des Verlegers nach Hause. Sie übernimmt die Aufgabe, das Foto zu schießen, wofür Filch noch ein paarmal die Frage stellt, ob James Joyce heute eine Chance gehabt hätte.
Es folgt eine angeregte Unterhaltung, im Rahmen derer Filch auch das ein oder andere über sich und seine Herkunft erzählen soll, bis die Frau des Verlegers ihn fragt, ob er findet, dass ihre Fragen zu neugierig sind. Filch findet nicht, unterhält sich aber auch gerne darüber, dass Robert Musil und Thomas Bernhard ihrer Meinung nach ruhig der Literaturnobelpreis hätten zuerkannt werden können.
Nach über zwei Stunden und mit einer Plastiktüte voller Geschenke verlässt Filch das Haus der beiden in ausgesprochen aufgeräumter Stimmung. Der Hausherr empfiehlt ihm noch einen Weg am Dortmund-Ems-Kanal zurück in die Stadt.

Als Filch im Landesmuseum ankommt, wartet bereits eine Überraschung auf ihn: der Fotograf, der gestern mit ihm durch die halbe Stadt gelaufen ist, hat bereits die Kontaktabzüge im Büro für ihn hinterlegt.
Und ein Plakat, das ihn vor dem Metropolis zeigt - mit der Ankündigung seiner Show am Mittwoch darunter.