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Opening Day .- (für Deutsch siehe unten)

In the next 120 days, from 10:00 to 20:00, I’ll be Filch, The Beggar. I ask myself how Brecht would have nicknamed Sculpture No. 6 of SPM07: the demander? the claimer? the requester? the pleader? I, personally, would have particularly liked “the petitioner”: the petitioner of recognition, of answers, of information, and, certainly, of money.
At 10:37 I leave the office of SPM07 and head for the station. I have little flyers with me that I distribute to people, and which tell them that they can meet The Beggar today between 12:00 and 14:00 at point 06 (I have no explanation for why the organization has assigned me No. 06, right at the famous Kippenkerl sculpture, symbol of the prosperous city, the one Jeff Koons covered in silver as his contribution for SPM87; but I ask no questions and just congratulate myself on my good luck: a good spot for The Beggar, No. 06).
We have agreed that, as alibi for my presence at the station, I’d hold a sign saying “M. García”, as if I were waiting for a certain M. García. It occurs to me that, in a certain way, I am holding, as a good sculpture does, the label that states who my author is.
Curious to notice how much one gets to believe one’s role, however improbable: I feel like I was too late at the station—the train from Kassel arrived a minute before I did, and so I must have missed M. García. But the day is not totally lost: I manage to distribute a large number of flyers and I hurry to point No. 6, where I’ll meet my audience.
At No. 06 I display a certain number of goods that I intend to sell or exchange. Mostly flyers and printed matter that other sellers in town gave me in exchange for my own flyers. Business is going well and suddenly I find myself giving my first interview as Sculpture No. 06 to a Swedish radio station.
At 14:30 I take a press tour of SPM07. The idea is to visit the exhibition by bike, but the absolutely unbelievable heavy showers that dog like a curse our Skulpt(o)ur produce instead some delightful moments of comradeship between the real journalists and myself, so much so that at times I forget that I’m a phony and an outsider. The only subject of conversation is the rain itself.
By the time I visit the official, but wet, opening party my voice is soft and shaky, as if I had run out of confidence for the day. Probably a person has a limited amount of self-confidence available each day, and I had clearly spent all of mine. However, I manage to give a second interview as No. 6, clearly less convincing than my first one, probably because my self-confidence had been, by then, replaced by honesty.

Bettlertagebuch 001/120, 16.6.2005 (Samstag)

Sobald ich mich während der nächsten 120 Tage zwischen 10-20 Uhr in der Stadt Münster aufhalte, bin ich Filch, der Bettler. Der "Beggar". Ich frage mich, welchen Beinamen Brecht für die Skulptur 07, Nr. 06 gebrauchen würde: einfach "der Bettler" oder vielleicht "der Forderer", "der Erbitter", "der Abverlanger". Mir persönlich würde "der Ersucher" gefallen, denn der Plan ist, dass ich und die anderen beiden Schauspieler, die diese Rolle im Wechsel mit mir übernehmen, Passanten - Einwohner der Stadt Münster und Touristen - um einiges ersuchen werden: zum Beispiel um ihre Aufmerksamkeit, um Antworten, um Informationen und natürlich um Geld, das in unserer Gesellschaft längst natürlich nicht mehr das einzige Zahlungsmittel ist. Und natürlich längst nicht mehr nur ein Zahlungsmittel.
Als ich heute morgen um 10.37 Uhr das Forum des Landesmuseums verließ, war ich zum ersten Mal der "Beggar". Mein Ziel: der Hauptbahnhof. Ich hatte kleine Flyer dabei, um meine Anwesenheit für die Zeit zwischen 12 und 14 Uhr am Punkt 06, für das Eröffnungswochenende lokalisiert am Spiekerhof, anzukündigen. Den Weg zum Bahnhof ließ ich mir von anderen Fußgängern erklären, die im Austausch für die Information eine persönliche Einladung zum Punkt 06 erhielten. Im Laufe des Tages habe ich Flyer gegen Folgendes eingetauscht: Informationen, einen Zins-Gutschein, der bei der Festlegung einer Summe ab 2.500 Euro einen Festzins von 4,25 % pro Jahr garantiert (wer kann sich das leisten?, aber gut, ihn zu haben, vielleicht kann ich ihn weiterverkaufen), Einladungen zu anderen Kunstausstellungen, eine Einladung zur Eröffnungsfeier von skulptur projekte münster 07.
Für den Bahnhof haben meine Regisseurin und ich uns darauf geeinigt, dass ich den Angereisten eine Pappe mit der Aufschrift "M. García" entgegenhalte. Eine erste Möglichkeit, ein Alibi für die eigene Anwesenheit zu finden und mit Touristen ins Gespräch zu kommen. Ich erwartete den Sonderzug aus Kassel, der gegen 11 Uhr auf Gleis 5 ankommen soll.
Das Interessante daran, wenn man eine Figur wie den Beggar spielt und improvisiert und in der Öffentlichkeit nicht privat wird, ist, dass man bald parallel zu seinen eigenen Erfahrungen auch (wenn auch nur angedeutet) einige der Erfahrungen der Kunstfigur macht, die man spielt, und sich der Gefühle, die sie hat, manchmal nur allzu bewusst wird: Filch war schon etwas spät dran am Bahnhof. Die Bahnhofsinformation überfüllt. Hunderte von Reisenden. Manche davon aus Kassel. Er hatte "M.García" vielleicht schon verpasst. Und so tat er, was viele von uns tun, wenn sie etwas verpatzt haben: Sie versuchen Menschen zu finden, die ihnen erklären, dass sie es nicht verpatzt haben. Das konnte niemand. Aber eine Einladung zu Punkt 06 gab es trotzdem.
Ich hatte gerade die Sachen, die ich zum Verkauf anbieten wollte - Zins-Gutschein, Plakate vom Projekt, drei Ein-Euro-Münzen mit verschiedenen Motiven, einige Exemplare eines Romans von Filchs altem Kumpel Samir Kandil - auf meiner Decke drappiert, als mir ein Platzregen die Vorzüge der Überdachung am Spiekerhof nachhaltig vor Augen führte. Unter dieser Überdachung gab ich mich bald per Handzettel als Punkt 06 zu erkennen, was Filch sein erstes Radiointerview mit einem schwedischen Rundfunksender und seine ersten 10 Cent (Tausch einer französischen Ein-Euro-Münze gegen eine deutsche plus 10 Extra-Cent für das oberflächlich spektakulärere Motiv) einbrachte. Andere Währungen gegen die ich im Laufe des Tages tauschte beziehungsweise die gespendet wurden: Krone, Rappen, Slotti, Rupee, australischer Dolar, beinahe ein paar ägyptische Piaster.
Bei verbesserter Wetterlage Bekanntschaft am vormalig verlassenen, etwa fünf Meter entfernten - Punkt 06 mit zum Teil ausgesprochen aufgeschlossenen Touristen aus Italien, Schweden, Frankreich, Australien und der Schweiz. Und aus Deutschland.
Ab 14.30 Uhr nehme ich mit einigen Damen und Herren von der Presse mehr oder weniger inkognito (Filch hat sich über die Akkreditierung seines Kumpels Samir Kandil in die Gruppe eingeschlichen und trägt seine ID um den Hals) an einer zweistündigen Fahrradtour teil. Ich finde die Gesellschaft der Journalisten großartig und auch Filch fühlt sich bei ihnen sehr wohl. Und für Momente kann er sogar fast vergessen, dass er streng genommen keiner von ihnen ist, sondern ein Outsider. Aber der hartnäckigste Platzregen des Tages macht uns alle gleich und ich bewundere meine Mitradler für ihre Disziplin und ihren Humor. Allein, Filchs Leinenjackett scheint wie geschaffen dafür, den Regen aufzunehmen. In einem so knapp bemessenen Zeitrahmen können natürlich ohnehin nur die Standorte der Skulpturen vorgestellt werden und Filch beschließt, einige davon bei schönerem Wetter ein zweites Mal zu besuchen.
Sein Tag klingt gegen 18 Uhr bei der Eröffnungsfeier am Juridicum aus, wo er zu seinen Shows im Rahmen der Ausstellung einlädt und sich als Skulptur Nr. 6 vorstellt. Seine Stimme ist sanfter und er wirkt bescheidener als zuvor. VIelleicht steht ihm am Tag nur ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein zur Verfügung. (Vielleicht steht jedem am Tag nur ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein zur Verfügung.) Dann, unerwartet, gibt Filch sein zweites Interview, mit dem er aber aufgrund seiner Widersprüchlichkeit nicht ganz zufrieden ist. Andererseits ist seine Widersprüchlichkeit Teil seiner Ehrlichkeit, also: Was ist sein Problem? Vielleicht macht ihn das Interviewsgeben eitel. Die Musik ist ganz wunderbar, Und dann zum Abschluss noch ein Moment von reiner Schönheit: eine junge Frau lässt sich von ihrem Freund auf der Brücke fotografieren. Scheu und selbstbewusst und, so will Filch es sehen, mit großem Interesse am Leben.











Tue 07
Aug 2007

Where and when do you want

Posted by anonymous user

Where and when do you want to meet Charles Filch? he does not read this site, but I can tell him.

Tue 07
Aug 2007

We want to meet you

Posted by anonymous user

We want to meet you today!!!
Karina and Marco