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English synopsis, The Beggar's Diary, 15.09.07. - Charles Filch has reached a point that many a mortal must reach: he knows his end is near, and so he has stopped worrying about the banal, the petty little miseries of the everyday, and has started concentrating on the things that really matter.
So today, next to the usual coffee at the fyal, he has ordered a croissant for breakfast.
The news reach him that today the SP07 photographer is scheduled to take some aerial views of the sculpture show, soaring above it in a helicopter. He does everything he can to be in that same flying vessel, but unfortunately there is no space for him, and not even his sculptural condition will help him this time. However, he manages to reach the status of a sculpture that deserves to be photographed from the air, and his aerial image is taken. And, what’s more, one of the lucky passengers agrees to record for The Beggar the view of Muenster from above: wonderful panoramic views that will no doubt be useful for the remake Filch is planning of Dr. Stanley Kubrick's (or was it Martin Scorsese's?) “2001 Space Odyssey,” with its famous monolith (Charles The Beggar Filch, the least phallic of sculptures, is fascinated with monoliths, obelisks, and any sort of big, vertical public sculpture—what he’ll never be).
In the evening, under an unbelievably blue and clear night sky, the people at the info point inform him that Robert Wilson is in town.

15.09.2007, Samstag (ein sonniger Spätsommertag)

Onkel Willy ist zurück! Darüber freut sich Filch am allermeisten. Er sieht etwas älter aus, als er ihn in Erinnerung hat, doch er singt und spielt mit voller Kraft. Und schon wieder hat er eine Menschenmenge um sich versammelt und wie immer sind es besonders die Kinder, die von ihm begeistert sind. Filch würde ihn gerne fragen, wo er die ganze Zeit gewesen ist, aber es sind zu viele Zuschauer da und er will ihm nicht das Geschäft vermasseln.
Als Nächstes: Kaffee in fyal – wie immer. Nur dass Filch es jetzt wissen will:– „savoir vivre“ was kann ihm das Leben bieten, wenn er einfach alles nimmt? Er beginnt damit, einfach ein Croissant zu bestellen, zusätzlich zum Kaffee – als ob es selbstverständlich wäre. Er ist selbst ein wenig überrascht, dass er es einfach bekommt und er genießt seinen ersten Tagessieg über das Schicksal an einem der hinteren Tische. Denn er will nicht angesprochen werden, ab jetzt ist er sein eigener Herr. Die nächsten zwei Wochen gehören ihm und niemandem sonst! Da trifft es sich gut, dass er gerade noch rechtzeitig hört, dass der SPM07 Fotograf heute einen Hubschrauberflug gebucht hat um einige Skulpturen aus der Luft zu fotografieren. Und da das Gerücht umgeht, es wäre noch ein Platz frei, ist klar wo Filch heute seinen Tag verbringen wird.
Der Hubschrauber ist auf einer Wiese mitten in einem Gewerbegebiet stationiert, die ein wenig euphemistisch als „Behelfsflugplatz“ ausgewiesen wird. Der Fotograf verspätet sich und noch bevor er ankommt erreicht Filch die Nachricht, dass bereits alle Plätze vergeben sind. Auch sein Kunstwerk-Bonus kann ihm diesmal nicht helfen. Doch halb so schlimm, wenigsten wird er dafür sorgen, dass er zu den ausgewählten Kunstwerken gehören wird, die aus der Luft fotografiert werden. Das wird sicherlich gehen, denn mit dem Fotografen versteht er sich gut. Sie haben sich bereits lange unterhalten, vor einigen Tagen, in der Behelfspizzeria, die während des Museumsfestes in der Installation von Andres Siekmann aufgebaut war. Dort hat er Filch anvertraut, dass er einmal Michael Jackson die Hand geschüttelt hat und zwar auf der Höhe seines Ruhmes (als „Thriller“ gerade auf Platz eins war). Ein solcher Mann wird ihm die Luftaufnahme nicht verweigern. Und noch mehr kann er erreichen: Eine der Hubschrauberinsassen willigt ein, den Flug mit seiner Handy-Kamera zu filmen. Das gibt sicherlich grandiose Aufnahmen, die er für sein 2001-Remake verwenden kann. Vielleicht in der psychedelischen Szene, in der der Astronaut auf diesem Planeten landet, wo er sich immer selbst begegnet. Das Höhenmeter macht sich bestimmt prima als HAL 9000. Aber, liebe Leser, überzeugt euch selbst...
Auf dem Gewerbegebiet ist eine sehr merkwürdige Veranstaltung im Gange. Eine Privatmesse eines Badewannen und Armaturen Herstellers für „betreute Kunden“. Filch Vorhaben ein Namensschild zu bekommen um als offizieller Besucher anerkannt zu werden, scheitert an seiner Ehrlichkeit. Er war nicht geistesgegenwärtig genug, auf die Frage welche Waren er in seinem Laden verkaufen würde, „Badewannen“ zu antworten. Denn nur Sanitär-Fachverkäufer dürfen in die inneren Bereiche der Ausstellung. Keine Gemischtwarenhändler. Die hohen Sicherheitsmaßnahmen sind verwunderlich, bei solch einem harmlosen Artikel wie Wasserhähnen. Auch die Riege schwarz gekleideter Wachmänner im Stile der „Men in Black“ passt nicht so ganz ins Bild. Doch die hier ausgestellten Wannen übertreffen alles was Filch sich bislang vorstellen konnte. Und so bleibt Filch keine Zeit sich weiternen Konspirationen hinzugeben. Hier gibt es Badewannen, die wie Salatschüsseln aussehen und sogar eine Konferenzbadewanne, in der man Geschäftliches besprechen kann. Auch eine Sofa-Badewanne, die wenn sie abgedeckt ist das Badezimmer in eine Hotellounge verwandelt, ist vorhanden. Daneben noch eine (leider nicht funktionsfähige) Sauna und eine Anzahl von „Raumteilerduschen“, die auf zwei Seiten Glastüren haben und die man daher auch als Durchgang nutzen kann. Filch ist frustriert, die wirklich revolutionären Badewannen wegen seiner Ehrlichkeit nicht sehen zu können und rächt sich indem er eine Cola-Flasche klaut.

Ein alter Popsong fällt ihm dabei ein. Er erinnert sich nur noch an den Refrain:
„El Cativo lächelt, denn er weiß: Das Böse siegt immer.
Ja so muss ein Cowboy sein: Dreckig, feige und gemein – heyyy ja hoo, heyy jaa hooo“

Das neue Leben als Lebensmittel-Desperado sagt ihm ungemein zu. Noch nie hat sich Filch so unbekümmert gefühlt, wie heute. Und das Lied pfeifend macht er sich auf dem Weg zur House-Warming Party mit Grillen, zu der er gestern eingeladen wurde. Er nimmt sich vor, so viel wie möglich zu essen und zu trinken – was ihm kurz gesagt auch gelingt. Die Party beginnt bereits um 17h, denn unter Gästen sind Mütter und Schwangere. Eine Frau muss sogar wegen einsetzender Wehen, die Party frühzeitig verlassen. Die Leute sind ausgesprochen Gastfreundlich zu Filch – so sehr, dass er bald an seine Grenze der Boshaftigkeit stößt und sich gerne bereiterklärt den Grillmeister zu übernehmen. Es stellt sich heraus, dass seine Gastgeberin eine ehemalige Klassenkameradin des Ehemaligen Popstars „Sascha“ ist, der heute Abend in Münster spielt.

Um 19.30h ist Filch endgültig satt und er verabschiedet sich mit der Ausrede, er habe eine geschäftliche Verabredung. In Wahrheit will er nur in Ruhe den Sonnenuntergang betrachten – denn, dieses Leben ist seins und er hat keine Verpflichtungen!
Filch läuft der untergehenden Sonne entgegen, summt Cowboylieder und ist überglücklich über einen so erfolgreichen Spätsommertag. Indian Summer at it’s best. Morgen wird er wieder seine Gitarre mitnehmen und anfangen Cowboylieder zu lernen. A man has to do, what a man has to...

Es ist dunkel und ein ungewöhnlich klarer Sternenhimmel spannt sich über Münster. Filch hat das erhebende Gefühl unter einer riesigen Kuppel zustehen und die Welt scheint sich langsamer zu drehen, als er am Golden Käfig aufgeregt eine Nachricht zugerufen bekommt: Robert Wilson ist in der Stadt. Wer zum Teufel ist Robert Wilson? Doch gleich darauf fällt es ihm wieder ein: Ein Besucher einmal begeistert von dem Theatermacher vorschwärmte. Vielleicht kann Wilson ihm mit seiner Bewerbung am Stadttheater helfen, denn der Intendant dort hüllt sich immer noch im Schweigen, was sein Engagement angeht. Er wird morgen nach ihm Ausschau halten und pünktlich an den üblichen Orten sein, damit Robert Wilson ihn finden kann.

Nach einer nächtliche Führung mit enthusiastischen Italienerin, die vor Freude alle Müdigkeit vergisst, als sie erfährt, dass sie gerade von einer echten Skulptur herumgeführt wird macht Filch noch ein Foto von Siekmann in der Nacht und verkauft eine Zwei-Euro-Münze für drei Euro. Von weitem hört er Musik. Am Domplatz spielt gerade »Sascha«. Die Melodie ist nicht zu hören, doch die Gitarrenakkorde dringen bis in zum Museum durch. Es liegt ein Popsong über der Stadt.